Mit BERLIN is not BERLIN schlägt Berlins anarchisches Musik- und Theater-Festival im August 2023 auf der Trabrennbahn Karlshorst auf. Vol. 4 lässt die Werke Richy Wagners hinter sich und wagt mit Alban Bergs Oper WOZZECK einen BRANDNEW START. Vor dem Panorama der näherrückenden Eigenheime präsentieren Musik-Acts und freie Theaterkollektive drei Tage und Nächte lang ihre Neubearbeitungen dieses Stoffs. Nachdem sich die Anti- Festspiele 2019-21 an großen Kultur-Events wie Bayreuth und Rock am Ring abgearbeitet haben, wenden sie sich jetzt dem Kulturstandort Berlin zu: Hier rennen wir vor der Gentrifizierung davon und unseren Jobs hinterher. Miete, Krankenversicherung, Essen, Nebenkosten wollen bezahlt sein – und wir dabei auch noch ein klein wenig glücklich werden. Deshalb hängen wir uns rein. Und wie der olle Brecht in einem Songtext schreibt, sind wir nur noch am Rennen, jagen unserem Alltag und unseren Träumen nach und hauen uns dabei gegenseitig eins vor den Latz, damit die anderen ja nicht vor uns auf der Zielgeraden ankommen. Is that all there is? Welche Perspektiven haben wir jenseits von Leistungsgesellschaft und Wettbewerb in dieser Stadt – und wie holen wir sie uns zurück?
Die getriebensten aller Theater- und Opernfiguren, das sind Woyzeck und Marie aus Georg Büchners Dramenfragment von 1837. Sie rotieren in einem Teufelskreis aus prekärer Arbeit und (Selbst-)Ausbeutung, aus dem es für sie kein Entrinnen gibt. Um 1920, also knapp hundert Jahre später, komponiert der Komponist Alban Berg auf dieser Textgrundlage seine Oper Wozzeck. Für BERLIN is not BERLIN entwickeln die inklusive Band 21 downbeat, die Musiktheater-Combo glanz&krawall, das Orient-Okzident-Ensemble Babylon ORCHESTRA, die Protest-Oper Lauratibor und das Rumpel Pumpel-Straßentheater fünf Uraufführungen, die den Wozzeck wiederum ins 21. Jahrhundert transformieren und nach einem Ausweg aus der immergleichen Misere suchen. Die Wozzeck-Splitter werden im Parallelbetrieb auf Rennbahn, Zuschauer:innen-Tribüne, im urigen Biergarten und in der Schalterhalle von diesen Expert:innen des OpenAir-Remmi-Demmis in Aktionen, Performances, Inszenierungen und Konzerten inszeniert und fügen sich wie ein Puzzle in den Köpfen der Zuschauenden zusammen. So entsteht – erweitert um die inklusive Partyreihe SPACESHIP – ein Gesamtkunstwerk im Sinne einer Oper für alle, die keine Angst vor Utopien hat. BERLIN is not BERLIN wird zu einem temporären Anti-Berlin, das in einer ziemlich aussichtslosen Situation den Widerstand feiert und sich gegen die vermeintliche Unausweichlichkeit einer durchkommerzialisierten Stadt sträubt.
LINEUP 21 downbeat, Babylon ORCHESTRA, glanz&krawall, Lauratibor, Rumpel Pumpel Theater, inklusive Partyreihe SPACESHIP
KÜNSTLERISCHE LEITUNG Marielle Sterra & Dennis Depta